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Tanzlinde Tempelhofer Feld

Tanzlinde Tempelhofer Feld

Am Freitag 24. November 2017 wird eine Tanzlinde auf dem Tempelhofer Feld gepflanzt. Möglicherweise ist das die erste Tanzlinde der Gemeinde Berlin. Damit wird eine Gartenkunst wieder belebt, die vom 17. bis zum 19. Jahrhundert große Mode war, und deren Geschichte über 4.000 Jahre zurückreicht.

Ideengeberin und Wegbereiterin für das Tanzlinden-Projekt ist Gerda Münnich, die 2013 den Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld mit gegründet hatte, und schon vor 2013 die Idee einer Tanzlinde auf dem Tempelhofer Feld hatte. Seit dem 12.April 2017 gärtnert sie im Himmel. Die Linde wird ihr zu Ehren auf den Dorfplatz des Gemeinschaftsgartes gepflanzt.

Tanzlinde Langenstadt, Tanzboden noch nicht eingebaut

Was ist eine Tanzlinde?
Auf eine Linde wird ein Gerüst in Form einer offenen Laube gebaut. Für die Tanztage werden Bretter als Tanzboden auf das Gerüst gelegt. Auch die Treppe wird oft nur für die Tanz-Saison angebaut. Das Gerüst und die Laube werden im Lauf der Jahrzehnte  umrankt. Wenn die Laube belaubt ist, wird es oben auf der Linde richtig kuschelig. Sehr gute Erklärungen und Fotos sind auf der Webseite vom Deutschen Tanzlindenmuseum Limmersdorf .

Tanzlinde Limmersdorf, Anbau der “Lizzie” (Treppe, die zur Tanzfläche hinauf führt)

Wer tanzt da?
Vor 400 Jahren wurden auf Tanzlinden bevorzugt die jeweils modernsten Tänze getanzt. Eine Berliner Lehrerin für modernen Tanz, nennt ihre Webseite sogar Tanzlinden. Auf der Tempelhofer Feld-Linde werden einfach Tänze getanzt werden, die dort Platz haben, und den Tanzenden Freude bereiten. Wer schon mal üben möchte, findet über folkstanz.in-berlin.de einen Einstieg in internationale Ketten-, Kreis- und Paar-Tänze.

Tanzlinde Langenstadt, eine Krim-Linde

Die erste Tanzlinde Berlins?

Berlin ist die Hauptstadt der Linden. Allein an den Straßen stehen über 154.000. In den Parks stehen auch viele Linden, darunter so imposante wie die Doppel-Linde auf der Pfaueninsel, die Dorf-Linde in Mahlsdorf, oder die Sommer-Linde im Park am Weißen See. Unter besonderem Schutz stehen die über 500-jährigen, nämlich die Linde auf der Spandauer Zitadelle und die Dorf-Linde in Alt-Kladow. Aber alles keine Tanzlinden. 1647 ließ Kufürst Friedrich Wilhelm seinen Reitweg Unter den Linden mit je tausend Linden und Walnussbäumen bepflanzen. Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel (1781 – 1841) konzipierte 1820 die heutige vierreihige Linden-Bepflanzung.

Clemens von Brentano erzählte ein Märchen, Karl Friedrich Schinkel zeichnete dazu. Ausschnitt “Schloss am Strom”, Fantasiebild einer Tanzlinde

Inspiriert von seinem Freund Brentano zeichnete und malte Schinkel eine Tanzlinde. Ob er Tanzlinden pflanzen ließ, konnten wir noch nicht herausfinden. Peter Joseph Lenné (1789 – 1866), General-Gartendirektor der königlich-preußischen Gärten, schuf Grünanlagen für die Naherholung der Bevölkerung. Auch er beschäftigte sich mit Tanzlinden. In seiner Gartenkunst fanden wir bisher keine. Auf der Berliner Pfauen-Insel soll in der Nähe der Meierei eine gestanden haben. Für Hinweise sind wir dankbar.

Das ist keine Tanzlinde, gefeiert wird hier trotzdem. Diese geleitete Linde* stand am Kavalierhaus auf der Pfaueninsel. Zeichnung: Karl Friedrich Schinkel

Die Pflanzung der Tanzlinde Tempelhofer Feld ist der guten Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung zu verdanken. Bürger hatten lange vor dem Volksentscheid Ideen für die Wieder-Öffnung des Tempelhofer Feldes geschmiedet. Nach dem erfolgreichen Volksentscheid Tempelhofer Feld am 25. Mai 2014 schrieben Berlinerinnen und Berliner ihre Vorschläge in die bereit gestellte Beteiligungsplattform. Daraus entstand der Entwicklungs- und Pflege-Plan (EPP). 2016 gründeten sie die Feld-Koordination aus 10 gewählten Bürgerinnen und Bürgern, darunter auch Gärtner und Vereinsmitglieder vom Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor, 2 Vertreterinnen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, und 2 Vertretern von Grün Berlin. Die Treffen sind regelmäßig. Termine, Protokolle und Informationen gibt es auf der Webseite tempelhofer-feld.berlin.de

Man sieht die Tanzlaube vor lauter Blättern nicht. Limmersdorfer Tanzlinde, eine Sommer-Linde

Wer bezahlt die Tanzlinde und wer kümmert sich um sie?
Die Tanzlinde ist eine Sachspende der Weggefährten von Gerda Münnich an die Gemeinde Berlin. Das Geld dafür wurde nach der Trauerfeier an den von Gerda Münnich mit gegründeten gemeinnützigen Verein Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor e.V. zweckgebunden gespendet. Damit wurde die Linde bei der Baumschule Lorberg gekauft. Die Grün Berlin beauftragte die Pflanzung und die Entwicklungs-Pflege der Linde im Rahmen ihres Park-Budgets. Da die Linde auf der vom Allmende-Kontor angemieteten Fläche steht, kümmern die Gemeinschaftsgärtner sich um die Kultivierung. Eine Linde braucht sehr viel Wasser und wird gerne zusätzlich gegossen.

Tanzlinde für das Tempelhofer Feld

Welche Linde?
Die gewählte Linde ist im Titelbild und auf dem obigen Bild jeweils in der Mitte. Es ist eine Sommerlinde, Tilia platyphyllos, 9 Meter hoch und ca. 30 Jahre alt, gewachsen in Brandenburg. Die Lindenauswahl steht in der unten stehenden Chronologie am 12.9.2017 beschrieben.

Der Tanzboden der Tanzlinde Peesten hat 87 qm. Die Konstruktion entspricht der Anlage auf der alten Linde aus dem 16./17. Jahrhundert. Die Linde wurde 1951 neu gepflanzt.

Chronologie der Tanzlinde Tempelhofer Feld

  • 2013 Gerda Münnich regt an, auf dem Tempelhofer Feld eine Tanzlinde zu pflanzen
  • 2014 Nach dem erfolgreichen Volksentscheid für den 100-prozentigen Erhalt des Tempelhofer Feldes melden Berlinerinnen und Berliner ihre Ideen für das Tempelhofer Feld über die Beteiligungs-Plattform an. Die Tanzlinde ist auch dabei.
  • 2014 – 2016 Gerda Münnich arbeitet an der Realisierung ihrer Idee.
  • 12. April 2017 Gerda Münnich gärtnert ab jetzt im Himmel.
  • Ostersonntag 16. April 2017 Weggefährten von Gerda Münnich treffen sich auf dem Tempelhofer Feld und versprechen an Gerdas Vorarbeiten zur  Tanzlinde anzuknüpfen und die Tanzlinde zu pflanzen.
  • 28. April 2017 In Absprache mit Gerda Münnichs Kindern darf bei der Trauerfeier für die Tanzlinde gespendet werden.
  • Juli 2017 Eine Freundin von Gerda Münnich tritt die Reise an, die sie eigentlich zusammen machen wollten. Sie besichtigt die oberfränkischen Tanzlinden in Limmersdorf, Langenstadt und Peesten. Die Experten vom  Deutschen Tanzlindenmuseum Limmersdorf  bieten fachliche Unterstützung an.
  • August 2017 Fünf Leute fahren zur Limmersdorfer Linden-Kerwa, besichtigen die oberfränkischen Tanzlinden, das Lindenbaummuseum Neudrossenfeld, und führen weitere Gespräche mit Veit Pöhlmann vom Tanzlindenmuseum Limmersdorf. Zurück in Berlin berichten sie bei der Feldkoordination.
  • Am 12. September 2017 trafen sich die vier von der Linden-Vorbereitungs-Gruppe, Feldfreunde, Allmendegärtner, Vertreter von Grün Berlin, sowie Vertreter der zukünftigen Baumpflege-Firma mit den Tanzlinden-Experten vom  Deutschen Tanzlindenmuseum Limmersdorf im Allmendegarten Tempelhofer Feld. Dort wurde der vom Allmendevorstand ausgewählte Pflanzort besichtigt. Anschließend fuhr eine Kleingruppe mit den Tanzlinden-Experten zur Baumschule Lorberg nach Tremmen/Ketzin in Brandenburg, um eine Linde auszuwählen. Es gab sehr viele Linden, die prima als Straßenbäume taugen, also Äste schön nach oben. Eine Linde eignet sich als Tanzlinde, wenn mindestens 6-8 Äste auf ähnlicher Höhe möglichst waagerecht zur Seite zeigen. Dank der Anleitung der oberfränkischen Experten Veit Pöhlmann und Jürgen Kraus konnten drei passende Linden gefunden werden. Nach gründlicher Prüfung, Vermessung und Baum-Umarmungen wurde eine ausgewählt und alle waren glücklich.
  • 22. November 2017 um 8 Uhr der erste Spatenstich und Aushebung des Pflanzlochs durch die Firma Otto Kittel
  • 24. November 2017 ab 10 Uhr
    (nur für Fachpublikum und Fotografen, denn die Arbeiter brauchen Ruhe und Konzentration): Anlieferung der Tanzlinde Tempelhofer Feld, Beratung mit Veit Pöhlmann und Jürgen Kraus vom Deutschen Tanzlindenmuseum Limmersdorf sowie mit Hermann Barges, fachliche Einweisung und Formung durch einen Baumschnittmeister der Baumschule Lorberg, Pflanzung durch die Firma Otto Kittel, gemeinsames Zu-Schippen der Pflanzgrube, Befestigung, Sonnenschutz und Winter-Festmachung
  • 24. November 2017 ab 14 Uhr
    Einweihung der Tanzlinde: gemeinsames Angießen, Gedenken an Gerda Münnich mit Weggefährten und Familie, Informationen zur Linde, Drehorgel-Musik von der bekannten Stadtführerin Anna Haase. (Sie war mit Gerda Münnich schon in der DDR-Friedensbewegung in der Bekenntniskirche befreundet.) Antanzen mit Tanzlehrern und Musikern von  folkstanz.in-berlin.de, kleiner Imbiss und heiße Getränke. Mehr zum Programm: PDF
    www.allmende-kontor.de/index.php/termine.html

Ja, wo pflanzen wir sie denn? Sichtung Pflanzplatz im Gemeinschaftsgarten Allmentekontor, 12.9.2017

 

Mehr
Dieser Beitrag ist unvollendet und wird noch ergänzt. Wir freuen uns auf inhaltliche Mitarbeit.
Die besten Informationen zum Thema Tanzlinden gibt es auf der Webseite des Deutschen Tanzlindenmuseums Limmersdorf .


Bildnachweise

Alle Fotos: tempelhoferfeld.info (bitte bei Bild-Übernahmen angeben)
Federzeichnung: Karl Friedrich Schinkel, Bildausschnitt mit Tanzlinde: Schloss am Strom, um 1816, Fantasiebild nach einer nicht schriftlich überlieferten Erzählung von Clemens von Brentano, Inv.-Nr.: SM 1a.13, Lizenz: CC, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz
Graphitzeichnung: Karl Friedrich Schinkel, Bildausschnitt mit geleiteter Linde: Kavalierhaus auf der Pfaueninsel, 1824, Inv.-Nr.: SM B.21, Lizenz: CC, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz

Fußnote

Geleitete Linden sind in dieser PDF auf Seite 2 abgebildet